Was ist Geothermie?
Geothermie nutzt die in der Erdkruste natürlich vorhandene Wärmeenergie zum Heizen oder zur Stromerzeugung. Sie ist eine ganzjährig vor Ort verfügbare, witterungsunabhängige Energiequelle, die ohne Kosten und Transportaufwand für Brennstoffe auskommt. Die Temperatur in der Erdkruste steigt pro 100 Meter Tiefe um rund drei Grad an, da aus dem über 5.000 Grad heißen Erdinneren stetig Wärme in Richtung Erdoberfläche strömt. Der Erdkern kühlt dabei nach menschlichem Ermessen nicht ab, da stetig neue Wärme entsteht. Je nach Standort, geologischem Aufbau des Untergrundes und Anwendungsgebiet kann die Erdwärme mittels unterschiedlicher Technologien genutzt werden.
Anwendungsformen der Geothermie
Für die Geothermie gilt: Je tiefer, desto heißer. Bei Bohrtiefen von bis zu 400 m spricht man von oberflächennaher Geothermie. Diese Technologie kann einzelne Häuser und kleine Quartiere beheizen und es ist der zusätzliche Einsatz einer Wärmepumpe erforderlich.
Bei Bohrtiefen von mehr als 400 m spricht man von mitteltiefer Geothermie, bei mehr als 1.500 m Bohrtiefe von tiefer Geothermie. In rund 2.500 bis 3.000 m Tiefe werden Temperaturen um 90°C erwartet. Die Wärme des geförderten Tiefenwassers reicht hier unmittelbar aus, um ein Fernwärmenetz zu erwärmen und ganze Stadtteile zu versorgen. Ab 120 °C ist zudem Stromerzeugung möglich. Wird zusätzlich eine Industriewärmepumpe eingesetzt, können auch mit deutlich geringeren Wassertemperaturen Stadtteile versorgt werden.
Bei der Tiefengeothermie unterscheidet man zwischen hydrothermaler und petrothermaler Geothermie. Während die hydrothermale Tiefengeothermie natürliche Tiefenwasservorkommen nutzt, wird für die petrothermale Geothermie kaltes Wasser in den heißen Untergrund geführt. Dieses Wasser erwärmt sich und gelangt im Anschluss zurück an die Oberfläche. In Duisburg wird derzeit nach wasserführenden Schichten für die hydrothermale Tiefengeothermie gesucht, ein petrothermales System ist nicht geplant.
Oberflächennahe Georthermie
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Mitteltiefe Geothermie
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Tiefe Geothermie
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Geothermie in Deutschland
Die Geothermie birgt ein großes ungenutztes Potential bei der Wärmeversorgung der Zukunft. In geologisch geeigneten Regionen, wie dem bayerischen Molassebecken, dem Oberrheingraben und dem Norddeutschen Becken, können mithilfe der mitteltiefen und tiefen hydrothermalen Geothermie Fernwärmenetze gespeist und so Städte und Kommunen mit Wärme versorgt werden.
Im Raum Duisburg besteht ebenfalls Hoffnung auf günstige geologische Gegebenheiten. Die Stadt liegt am östlichen Rand der sogenannten „Krefelder Scholle“ in der Niederrheinischen Bucht. Im tieferen Untergrund befinden sich hier potentiell geothermisch nutzbare Gesteinsschichten wie der unterkarbonische Kohlenkalk und der Massenkalk des Mittel- bis Oberdevons.
Untersuchung von Gesteinsschichten
Die staatlichen geologischen Dienste verfügen auf der Grundlage geologischer Kartierungen, Aufzeichnungen aus dem Bergbau und Tiefbohrungen über gute Kenntnisse zum Aufbau des Untergrundes. In einigen Regionen sind diese Erkenntnisse jedoch noch lückenhaft. Mithilfe geophysikalischer Methoden wie der Gravimetrie und 2D- bzw. 3D-seismischen Messungen können die vorhandenen Kenntnisse ergänzt und damit mehr oder weniger detaillierte Abbildungen des Untergrunds erstellt werden. Sie geben Auskunft über die Lage der verschiedenen Gesteinsschichten und über sogenannte Störungs- oder Bruchzonen, in welchen Tiefenwasser zirkulieren kann. Eine 3D-Seismik ermöglicht durch ihre räumliche Auflösung zudem die Planung sicherer Bohrpfade.
Gravimetrie
Die Gravimetrie kann mithilfe hochempfindlicher Messgeräte Aussagen über den geologischen Aufbau des Untergrunds treffen. Mithilfe eines Gravimeters können Schwerkraft- bzw. Schwereänderungen bestimmt werden, welche die Massenverteilung im Untergrund widerspiegeln.
Eingesetzt wird ein Gravimeter, ein hochsensibles Messgerät, mit dem die Schwerebeschleunigung – die Gravitation – gemessen werden kann. Bei der Gravimetrie handelt es sich um ein äußerst schonendes Messverfahren, das ausschließlich an der Oberfläche stattfindet. Die Messungen sind noninvasiv und nehmen in keiner Weise Einfluss auf die Umgebung. Anders als bei der 2D- und 3D-Seismik sind keine künstlichen Impulse – wie Vibrationen – notwendig.
Seismische Messungen
Seismische Messungen dienen der Erkundung des Untergrundes und sind mit einem Ultraschallbild vergleichbar.
Dabei senden sogenannte Vibrationsfahrzeuge künstlich erzeugte Schallwellen in die Tiefe. Diese werden von den unterschiedlichen Gesteinsschichten im Untergrund reflektiert und von sogenannten Geophonen aufgezeichnet.
Bei der 2D-Seismik werden die Geophone lediglich anhand einer Messlinie, bei der 3D-Seismik in der Fläche ausgelegt. So kann ein detaillierteres, dreidimensionales Bild erzeugt werden.
Geothermie für Rhein-Ruhr
Die Rhein-Ruhr-Region ist ein hoch-industrialisiertes Ballungsgebiet mit einem großen Wärmebedarf. Um diesen auch in Zukunft decken zu können, lohnt der Blick auf alternative Energiequellen. Der mitteltiefen und tiefen Geothermie als regionale, grundlastfähige und erneuerbare Energiequelle könnte bei der Fernwärmeversorgung
aufgrund der geologischen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle zukommen.
Geothermie-Rhein-Projekt
Ausgangslage und Durchführung
Um die Wärmewende voranzutreiben, beschloss der Landtag von Nordrhein-Westfalen 2019, das geothermische Potenzial flächendeckend zu untersuchen. Hierfür wurden u. a. Maßnahmen zur Erkundung und Nutzung geothermischer Fernwärme gefördert. Das kommunale Cluster Düsseldorf-Duisburg war mit seiner Machbarkeitsstudie zur Tiefengeothermie einer der Fördergeldempfänger.
Die Förderprämie diente zur Einschätzung der wirtschaftlichen und technischen Erfolgsaussichten der geothermischen Fernwärme in Düsseldorf und Duisburg. Die Projektpartner analysierten verschiedene Aspekte für den Projekterfolg, wie Explorationsschritte und Risiken. Die Stadtwerke Düsseldorf führten mit Unterstützung des Fraunhofer IEG und der Stadtwerke Duisburg geologische Erkundungen durch, um Gesteinsschichten und geothermisch nutzbare Tiefenwasservorkommen zu identifizieren. Die Stadtwerke Duisburg untersuchten zusammen mit der Universität Duisburg-Essen die Wirtschaftlichkeit und Technik der lokalen Energiesysteme, einschließlich der Integration geothermischer Energie in bestehende Wärmenetze.
Ergebnisse & Ausblicke
Die bereits in den vergangenen Jahren vom Geologischen Dienst NRW gesammelten 2D-Seismik-Daten wurden gemeinsam mit weiteren, neu erhobenen Daten genutzt, um ein vorhandenes 3D-Untergrundmodell zu überprüfen und anzupassen. Aus dem Modell können nun 3D-Tiefenkarten erstellt werden, mithilfe derer die Projektakteure die Tiefenlagen von Massen- und Kohlenkalk auch abseits der 2D-Seismiklinien und bekannter Bohrungen grob abschätzen können. Zur Validierung des Modells sind weitere Untersuchungen, etwa in Form weiterer seismischer Erkundungen und Bohrungen nötig.
Derzeit wird eine Forschungsbohrung in Krefeld vorbereitet, mit welcher der Kohlenkalk einmal komplett erschlossen werden soll. Die dort gewonnenen Erkenntnisse werden voraussichtlich eine große Bedeutung für die ganze Region haben. Das Ziel ist, dass aus diesen Daten Projekte in den Regionen entstehen und somit die Wärmewende beschleunigt wird.
FAQ
Das sollten Sie noch zur Geothermie wissen
Die Erdwärme Reserven können als unerschöpfliche Energiequelle angesehen werden. Erdwärme ist rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr verfügbar.
Im Inneren der Erde ruhen nach menschlichem Maß unerschöpfliche Mengen an Wärmeenergie. Diese ist unabhängig von Wind und Wetter, sowie von Tages- und Jahreszeiten. Des Weiteren können mit der Nutzung von Erdwärme große Mengen an CO2 und anderen Treibhausgasen eingespart werden.
Theoretisch ist Erdwärme an jedem Ort der Erde verfügbar. Ob nach dem heutigen technischen Stand eine wirtschaftliche Erschließung der Energieressource möglich ist, muss jedoch für jeden Standort neu evaluiert werden. Die hydrothermale Geothermie ist beispielsweise auf wasserführende Schichten in geeigneter Tiefe angewiesen, die eine ausreichend große Menge an Tiefenwasser führen, welches in Störungszonen zirkulieren kann.
Mit dem Begriff der Tiefbohrung werden Bohrungen beschrieben, die tiefer als 100 m in die Erde reichen. Das Abteufen, wie das Bohren bergmännisch genannt wird, unterliegt der bergrechtlichen Genehmigungspflicht. Das bedeutet, dass der Staat mithilfe des Bergrechts den rechtlichen Rahmen für Bodenschätze und deren Abbau vorgibt.
Für die Tiefengeothermie werden mindestens zwei Tiefbohrungen, auch eine Dublette genannt, benötigt.
Die Sicherheit von Tiefbohrungen wird unter anderem durch gründliche Vorerkundungen des Untergrunds sichergestellt. Mithilfe einer 3D-Seismik können Geolog:innen ein 3-dimensionales Bild der verschiedenen Gesteinsschichten inclusive Störungs- bzw. Bruchzonen herstellen. Dieses ermöglicht eine detaillierte Bohrplanung.
Der Schutz des Trink- und Grundwassers wird unter anderem mithilfe eines Standrohres gewährleistet, das vor Bohrbeginn bis in die grundwasserstauende Schicht gerammt wird. Alle weiteren Arbeiten finden ausschließlich innerhalb dieses Rohres statt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil für den Grundwasserschutz ist die Bohrlochintegrität. Diese wird mithilfe eines zuverlässigen Multi-Barrierensystems sichergestellt und dauerhaft überwacht.
Grundsätzlich müssen alle Bohrungen im Vorfeld vom Bergamt genehmigt und gesetzliche Vorgaben eingehalten werden.
Grundsätzlich können die Bohrungen und der Betrieb einer Geothermieanlage, beispielsweise bei zu hohem Druck bei der Reinjektion des Tiefenwassers, sogenannte Mikroseismizitäten auslösen. In der Regel liegen diese unter der Wahrnehmungs- und Schadensschwelle.
Ein großflächig aufgestelltes Messnetzwerk erfasst die Seismizität frühzeitig. So kann ingenieurtechnisch darauf reagiert und weitere induzierte Ereignisse können verhindert werden.
Düsseldorf und Duisburg liegen am Rand der sogenannten „Kölner-Bucht“, einer Erdbebenzone im Westen Deutschlands. Demensprechend sind hier aufgrund natürlicher Spannungslösungen seismische Aktivitäten möglich. Auch der Bergbau und die Erdgasförderung sorgen bereits jetzt für induzierte Beben in der Region.
Sollten Schäden an Gebäuden entstehen, die mit einer Tiefbohrung und/oder Geothermieanlage in Verbindung gebracht werden können, gilt die sogenannte Beweislastumkehr. Die Nachweispflicht liegt demnach nicht beim Geschädigten, sondern beim Anlagenbetreiber.
In Düsseldorf und Duisburg wird derzeit untersucht, ob im sogenannten Massenkalk (Mittel- bis Oberdevon) und Kohlenkalk (Unterkarbon) in ausreichender Menge heißes Tiefenwasser vorliegt. Verkarstete Kalkgesteine eignen sich aufgrund ihrer durch chemische Lösung entstandenen Hohlräume für die Speicherung von Tiefenwasser, entlang von Bruchzonen kann dieses heiße Wasser zudem zirkulieren.
Derzeit wird davon ausgegangen, dass diese Gesteinsschichten in Duisburg in Tiefen von zwei bis vier Kilometern mit Temperaturen zwischen 60 °C und 120 °C erreicht werden.
Für Geothermiebohrungen müssen gemäß der aktuellen gesetzlichen Lage umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt werden. Die hierfür vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsvorprüfung (UVP-V) untersucht sämtliche mögliche Auswirkungen auf Mensch, Boden, Wasser, Flora, Fauna sowie das Landschaftsbild. Sind Lärm-, Gas- und Lichtemissionen zu erwarten und welche Maßnahmen sind geplant, um diese auf ein Mindestmaß zu begrenzen? Wie werden oberflächennahe Bodenschichten sowie die Grundwasserleiter vor möglichen Schadstoffeinträgen geschützt? All dies muss der Projektentwickler in umfangreichen Gutachten darlegen.
Bei professionell ausgeführten Bohrungen ist eine Gefährdung des Grundwassers nach menschlichem Ermessen nahezu ausgeschlossen. Trinkwasser stammt fast ausschließlich aus oberflächennahen Erdschichten. Um dieses Grundwasser zu schützen, wird vor Beginn der Bohrarbeiten ein Standrohr aus Stahl gesetzt und zementiert. Es reicht in 70 bis 80 Meter Tiefe, unterhalb des ersten Grundwasserstauhorizonts. In dem Standrohr finden die Bohrarbeiten statt. Die erste Bohrsektion wird bis an die Oberfläche im Standrohr einzementiert.
Weiterhin müssen alle angewandten Methoden die Vorgaben des Trink- und Grundwasserschutzes vom Umweltbundesamt erfüllen.
Konkret bedeutet dies, dass Bohrungen stets mehrwandig aufgebaut werden und so eine sichere Barriere zwischen dem Tiefenwasser und dem umliegenden Gestein gewährleistet werden kann. Das geförderte Tiefenwasser kommt zu keinem Zeitpunkt in direktem Kontakt mit den umliegenden Gesteinsschichten.
Zudem werden die Bohrungen sowie das geförderte Thermalwasser ständig überwacht.
In der Anfangsphase von Geothermieprojekten kommt in der Bevölkerung häufig die Sorge auf, dass Tiefenwasser in die Grundwasserschichten eindringen und es zu einer Durchmischung kommen könnte.
Es ist zwar korrekt, dass im Laufe des Bohrprozesses mehrere Gesteins- und Wasserschichten durchbohrt werden.
Jedoch kommt es zu keiner Zeit zu einer Verbindung zwischen den beiden Wässern, da geothermische Anlagen in einem geschlossenen Wasserkreislauf betrieben werden. Das heißt, die Bohrungen werden komplett mit einem Strahlrohr und Zement ausgekleidet. Diese bilden eine Barriere, sodass das Thermalwasser nicht ins umliegende Gestein eindringen kann und sich diese Wässer vermischen.
Kalkgesteine, wie der Massen- oder Kohlenkalk, weisen meist keine oder nur leicht erhöhte Strahlungen auf. Die genaue Zusammensetzung des Tiefenwassers unter Düsseldorf und Duisburg ist jedoch derzeit noch nicht bekannt.
Sollten ursprungsbedingte geringe Strahlungen auftreten zirkulieren diese in einem geschlossenen System. Lediglich an Filtern oder im Wärmtauscher können sich radioaktive Rückstände ablagern. Diese werden bei Wartungs- und Reinigungsarbeiten der Geothermieanlage fachmännisch und unter Berücksichtigung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen entsorgt.
Für die Bevölkerung besteht zu keiner Zeit Gefahr.
Bei einer Geothermieanlage in Deutschland dürfen keine Schadstoffe freigesetzt werden. Das Tiefenwasser muss von der Förderung über die Entwärmung bis zur Injektion in die Tiefenwasser führende Schicht in einem geschlossenen System geführt werden. So können keine Gase und kein Wasser entweichen. Am Wärmetauscher wird die Wärme an das Fernwärmenetz oder ein Kraftwerk übergeben. Auch hier ist die Dichtigkeit der Leitungen zu garantieren.
Da die Erdwärme zu jedem Zeitpunkt verfügbar ist, gehört die Geothermie zur grundlastfähigen Energiegewinnung.
Ein weiterer Vorteil ist, dass sie sich ausgezeichnet mit anderen Energiequellen kombinieren lässt. So können in Zeiten der Spitzenlast weitere Energiequellen hinzugezogen werden, falls die Energiemenge der Geothermie nicht ausreichen sollte.